Freitag, 23. März 2012

Marktforschung - Das iPhone auf Rädern

„Das Elektroauto spricht für sich“, fasst Prof. Ferdinand Dudenhöffer ein Experiment mit 226 Testpersonen zusammen: Nach einer Probefahrt wurde aus Skepsis Euphorie.

Wenn die Marktforschung immer Recht hätte, würde es das Apple iPhone nicht geben. Hätte man 2006, als ein Alltagshandy auch für unter 50 Euro zu haben war, eine Umfrage durchgeführt, wer bereit wäre, mehr als 500 Euro auszugeben – die Antwort wäre wahrscheinlich vernichtend ausgefallen. Ende 2011 hatte Apple mehr als 146 Millionen iPhones verkauft. „Die Standard-Marktforschung schätzt die Nachfrage bei Produkten falsch ein, die einen Technologiesprung darstellen“, erklärt Prof. Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen das Phänomen. Die Ursache: „Wenn die Kunden die Produkte nicht kennen, können sie Nutzungspotenzial und -absicht nicht begreifen.“ Es fehlt die Lebenspraxis, das Anfassen und Ausprobieren.

Mit diesem Wissen im Kopf wagte Dudenhöffer, der selten widerspricht, wenn er Autopapst genannt wird, ein Experiment: Über lokale Fernsehsender und auflagenstarke Zeitungen suchte er 226 repräsentative Testpersonen aus, die neugierig waren, mal ein Elektroauto Probe zu fahren. Würden auch hier Marktforschung und Meinungsführer von der Wirklichkeit kassiert werden? Schließlich gibt es viele imposante Studien, die dem Elektroauto nur kleine Chancen einräumen. Und eine Gruppe vom Center Automotive Research (CAR) befragter Fachjournalisten äußerte sich ebenfalls vorwiegend kritisch über Preis, Reichweite und Ladeinfrastruktur.

Selbst fahren überzeugt mehr als alle Argumente
Die Wissenschaftler vom CAR ließen nun im Herbst und Winter 2011 jeden der 226 Probanden ein dreistufiges Verfahren durchlaufen. In Stufe 1 wurden die Teilnehmer zu Akzeptanz und Kaufbereitschaft beim Elektroauto befragt, ohne sie vorher zu informieren. In Stufe 2 fuhr jeder mit jeweils drei verschiedenen Elektroautos. Darunter waren erste Serienfahrzeuge wie der Citroen C-Zero, aber auch Klein- und Vorserienmodelle wie die Mercedes A-Klasse F-Cell oder der Nissan Leaf. Pro Auto gab es etwa 30 Minuten Fahrzeit, Autobahn inklusive. Auch das Laden wurde geübt. Und in Stufe 3 wurde den Probanden dann wieder der Eingangsfragebogen vorgelegt. Das Ergebnis war eindeutig: „Das Elektroauto spricht für sich“, fasst Ferdinand Dudenhöffer die Studie zusammen. „Die Autotester waren beeindruckt vom leisen und mühelosen Fahren, vom Komfort und natürlich von der Beschleunigung“, so Dudenhöffer. 71 Prozent aller Testpersonen haben nach der Ausfahrt in anonymen Fragebögen angegeben, beim nächsten Autokauf Elektroautos zu berücksichtigen. Ein sehr hoher Wert, der die Bedeutung von Produkttests, also Probefahrten, unterstreicht. Wer sich mit Elektroautos auseinandersetzt und sie kennenlernt, ist sehr aufgeschlossen.

„Die Berichterstattung über Elektromobilität hatte im Vorfeld eine eher negative Einstellung erzeugt“, sagt Professor Dudenhöffer. Das beste Argument dagegen sei das reale Produkt, fast so wie beim Apple iPhone. Wie aber kann nun eine breite Masse der Bevölkerung ans Elektroauto herangeführt werden? Auch hier bietet das CAR eine Idee an: Die Hoffnung, dass Interessierte zum Autohändler gehen, um sich dort bei Testfahrten zu überzeugen, ist eher gering. Stattdessen könnten Elektroautos in Carsharing-Programme aufgenommen werden. Am besten in großer Zahl, am besten flächendeckend. So haben Autofahrer die Möglichkeit, sich unverbindlich, unkompliziert und in Ruhe mit der neuen Technik auseinanderzusetzen. Das ist aus Sicht des Center Automotive Research das beste Instrument, um die Menschen mit Elektroautos vertraut zu machen.

Das Fazit von Prof. Ferdinand Dudenhöffer: „Der Schlüssel zum Durchbruch der Elektromobilität ist die Neugierde der Autofahrer“ – also lasst sie endlich einsteigen und losfahren!